...Fortuna simul cum moribus immutatur (Das
Glück ändert sich gleichzeitig mit den Sitten; Sallust, Cat.
2,6)
Das trifft doch wohl auch für den Lateinschüler
zu; wer wenigstens ab und zu in sittsamer Strebsamkeit sich ein historisches
Datum, ein lateinisches Zitat oder die Etymologie eines Wortes merkt und
das Wissen an geeigneter Stelle im Unterricht
einbringt, ja der steht bei Herrn Gerwig
zumindest kurzfristig im günstigeren Licht der fortuna!
...Fortunae rota volvitur (Das Rad des Glückes
dreht sich)
Oh ja, auch das galt für den LK Gerwig,
mal war man der universelle Versager (man fühlte sich jedenfalls so),
mal war man der fleißige Schüler (man fühlte sich jedenfalls
so), mal lachender oder schweigsamer Genießer des Unterrichts, mal
unschuldiges Opfer.
...Virtus in usu sui tota posita est (Die
virtus beruht ganz auf ihrem Gebrauch; Cicero, De re publica I,2)
Wenn ich nur wüßte, was virtus
hier und heute bedeutet!
-Die Eigenschaft, um jeden Notenpunkt zur
Mehrung des eigenen Ruhms zu feilschen?
- Die Tüchtigkeit, sich tausendmal
Vergessenes noch einmal einzuprägen?
- Die Kraft, auch übelste Passagen
von Sallust oder Livius zu überstehen?
- Die Sittlichkeit, altüberlieferte
Pflichten eines Schülers zu erfüllen?
...Iacet omnis virtus, fama nisi late patet.
(Alle Virtus liegt am Boden, wenn nicht der gute Ruf sich weithin erstreckt;
Publilius Syrus)
- Guter Ruf, schlechter Ruf, was geht’s
mich an?!
- Nein, nein, mein Lieber, dein Ruf ist
zwar mäßig bis schlecht ,doch bringt’s dir auch in der Schule
was, deinen Ruf zu verbessern; du bist gern gesehen, wirst allerorts geachtet,
die Schulkameraden reißen sich um dich als Freund, von Lehrern wirst
du zum Lieblingsschüler auserkoren. Wenn das keine Aussichten sind!
...Homo sum, nihil humani a me alienum puto.
(Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir fremd.)
- Die vielgepriesene humanitas, lebt sie
wirklich noch unter Lehrern fort? Ist nicht der entmenschlichte Gegensatz
zwischen Lehrer und Schüler zum sozialen Sprengstoff unserer Zeit,
zum sozialen Sprengstoff der Menschheit geworden? Haben nicht Generationen
von Schülern unter der unerbärmlichen Rute ihres Meisters gelitten?
Wird es nicht Jahrhunderte so weitergehen? Wird sich denn
niemals ein Lehrer erinnern, daß er
selbst einmal Schüler war?...
- Aber was denn, du kleines Schüler-Ego
mit deinen Komplexen, bilde dir doch nicht ein der Lehrer sei kein Mensch;
er kann in jedem Fall wissen schaftlich zweifelsfrei dem Menschentyp homo
sapiens zugeordnet werden; er ist somit in Besitz der humanitas, weil er
sapiens ist und sich - wie DU - durch Intelligenz und Scharfsinn von anderen
Geschöpfen abhebt.
- Aber wohin denn, du stetig nörgelnde
Schülerseele, merktest du nicht, wie dein Lehrer immer um dein größtmögliches
Wohl bemüht war, wie du nur in irriger Verblendung der Erfüllung
deiner gerade unerfüllbarsten Träume nachhingst?
- Aber oh weh, du träges Schülerhirn,
begriffest du nicht, mit welch geschliffenem Witz manch ein Lehrer die
heikelsten Klippen seines Arbeitslebens umschiffte und dabei in verblüffender
Manier seine akademische Strenge ablegte?
... Non est philosophia popula re artificium
nec ostentationi paratum. (Die Philosophie ist weder ein Metier fürs
Volk noch ist sie zur Angeberei geschaffen. Seneca, epistulae morales 16,3)
- Philosophie - das ist doch die Liebe zur
Weisheit. Und die ist nichts fürs Volk?! weder ein Metier fürs
Volk noch ist sie zur Angeberei geschaffen. Seneca, epistulae morales 16,3)
- Philosophie - das ist doch die Liebe zur
Weisheit. Und die ist nichts
fürs Volk?!
- Elfenbeinturmmentalität, elitäres
Denken nenn’ ich das. Antike Philosophie gerade noch erlaubt für Latein-LKler?
- Jeder sei sein eigener Philosoph, dann
braucht auch keiner mit anzugeben.
Matthias Nonnenmacher
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